Arsen und Spitzenhäubchen (Arsenic and Old Lace, USA 1941)
Du sollst mein Glücksstern sein (Singin' in the Rain, USA 1952)
Leoparden küsst man nicht (Bringing Up Baby, USA 1938)
Der Partyschreck (The Party, USA 1968)
Der rosarote Panther (The Pink Panther, USA 1963)
Sein oder Nichtsein (To Be or Not to Be, USA 1983)
Allenthalben wird ja diskutiert, ob es im Filmgeschäft nicht die höchste Kunst darstelle, die Menschen zum Lachen zu bringen. In diesem Sinne erleben wir den Auftritt von zwei alte Tanten, die einsame alte Männer aus Mitleid ins jenseits befördern; einem Sänger/Tänzer/Akrobaten mit schier unglaublicher Performance; einer resoluten Lady, die aus Liebe ein ganzes Sauriersklelett zum Einsturz bringt; einen polnischen Juden in Hitler-Uniform; einen indischen Komparsen, der die Villa eines Hollywoodproduzenten im Schaumbad untergehen lässt; und last but not least, einen hinreißenden Wer-versteckt-sich-hinter-welcher-Tür-Gag – eine Perlenkette der schlichtwegs hinreißendsten komischen Momente der Filmgeschichte.
Die 1960er-Jahre waren eine überaus fruchtbare Periode, was das Schaffen des amerikanischen Komödienspezialisten Blake Edwards betrifft. Zwei seiner besten Arbeiten entstanden in einem Abstand von nur fünf Jahren, wobei Pink Panther die Einführung eines Charakters darstellte, der auch in einer Viehlzahl von Fortsetzungen sein lustiges Zerstörungswerk betreiben sollte. Denn was auch immer der tollpatschige Inspektor Clouseau anfasst, ist dem Untergang geweiht. Das Stolpern, das Umwerfen, das Unter-Wasser-Setzen – Peter Sellers erledigt es mit Inbrunst und unnachahmlicher Grazie. Zum Niederknien ist Edwards die Choreografie jener Szene gelungen, in der sich der Meisterdieb David Niven und sein junger Neffe Robert Wagner zur gleichen Zeit im Hotelzimmer von Madame Clouseau befinden und vor einander und dem hereinplatzenden Ehemann zu verstecken suchen. Ob hinter einem Vorhang oder unter dem Bett, im Badezimmerschrank und dann auch unter dem Schaum des Bades, das die Polizistengattin nimmt: Mit großer Eleganz greifen die Zahnrädchen dieses Ablenkungsspiels zwischen den genannten Personen samt hinzueilendem Zimmermädchen und Hotelboy, der Lieferung einer reparierten so genannten „Stradivarius“ und ihrer Hervorbringung gar grässlicher Töne sowie verräterischer Fußspuren auf dem Teppichboden ineinander. Und wenn sich der Inspektor dann endlich im Dunkeln zu seiner Frau ins Bett kuschelt, knallt darin der Korken der Champagnerflasche – der arme Clouseau kennt sich nun wirklich nicht mehr aus.
Wie auch sein Darsteller Peter Sellers in der Rolle eines indischen Filmkomparsen, der zu Beginn von Der Partyschreck den Dreh einer Szene mit dudelsackspielend heranmarschierendem britischen Regiment und indischen Freiheitskämpfern auf der Lauer durch das massive Overacting einer Sterbeszene schmeißt. Das ist Slapstick in Reinkultur: Brillant diese fast kindliche Unschuld des Zerstörers, dieses völlige Unverständnis ob der Reaktionen seiner Umwelt. Als Kleindarsteller mit dunkel geschminktem Gesicht und Turban sinkt Sellers in der Gefechtsszene zu Boden, was nicht weiter auffallen würde, hätte er nicht die Trompete an den Lippen und würde sich nicht bemüßigt fühlen, in diese wieder und immer wieder hineinzublasen. Er bäumt sich unter den Schüssen auf, schon glaubt man ihn endgültig zwischen den Felsen niedergesunken, taucht er nochmals auf und trompetet weitere grausige Töne, greift sich an die Brust und an die blutenden Wunden, kommt schon wieder hoch und trompetet, bis dem Regisseur der Kragen platzt. Und dann macht er sich daran, sein Schuhband zu binden und sprengt dabei, noch bevor die Kameras filmen, ein ganzes Wüstenfort in die Luft. Später wird er Ähnliches auf einer Party mit der Villa des Produzenten anstellen, zu der er fälschlicherweise eingeladen wird – er wird sie in ein einziges gigantisches Schaumbad verwandeln.
Die Coolness, mit der Sellers und Edwards ihren Dekonstruktionsmechanismus in Gang und die punktgenaue Landung ihrer Gags in Szene setzen, ist bewundernswert. Donald O’Connor als Gene Kellys Sidekick Cosmo Brown in Singin’ in the Rain – den deutschen Titel Du sollst mein Glücksstern sein kann man nur als Witz bezeichnen, der ziemlich in die Hose gegangen ist, – fährt ganz andere, doch nicht minder komische Kaliber auf. „Make them laugh“ heißt sein Song, in dem er über die verschiedenen Typen von Menschen und die unterschiedlichsten Arten philosophiert, sie zum Lachen zu bringen. Zu Beginn sitzt er noch brav am Klavier, doch gleich darauf springt er schon auf und beginnt einen Parcours an Tanz und Stepp und Akrobatik, der Seinesgleichen sucht. In der romantischen Komödie Shakespeare in Love (1998) wünscht sich Judi Dench als Königin Elizabeth I. von ihrem Dichterbarden mehr Szenen mit bissigen kleinen Hunden als großem Drama – sie möchte auf einfache Weise unterhalten werden. Ganz in ihrem Sinne schlägt O’Connor an Stelle von hoher Kultur die Platzierung von Bananenschalen zwecks lacheffektvollen Ausrutschens vor. Was er mit seinem Hut, Holzbrettern, die von Arbeitern herumgetragen werden, einem Sofa und einer Stoffpuppe darauf aufführt, wurde mit nur ganz wenigen Schnitten gedreht und ist nicht nur deshalb schier unglaublich. Er demonstriert tausend Arten, sich auf den Boden zu werfen, schlägt sich selbst k. o. und läuft sogar die Wände hoch – bis er durch eine bricht. Und erreicht dabei natürlich auf gradiose Weise sein Ziel, uns zum Lachen zu bringen.
Gehen wir noch ein paar Jahrzehnte zurück in der Filmgeschichte und dort zu den Arbeiten von zweien der berühmtesten Regisseure Hollywoods. Frank Capra galt zeitlebens als Spezialist für Komödien, Howard Hawks schuf Richtungsweisendes in den unterschiedlichsten Genres. In Leoparden küsst man nicht, dessen originaler Titel Bringing Up Baby sich auf den Kosenamen der im deutschen angesprochenen Raubkatze bezieht, fliegen die spitzen Pointen zwischen Katherine Hepburn, für damals wohl sensationell empanzipiert, und Cary Grant, ganz liebenswert-verwirrter Paläntologe, mit atemberaubender Geschwindigkeit. Missverständnisse, Verwirrungen, eine Nacht mit entlaufenem Wildtier und hektischer Suche, die im Kittchen endet – der Inbegriff einer Screwball-Comedy. Und dann, auf dem Prontosaurierskelett, an dem der Wissenschaftler vier Jahre gearbeitet hat, die gegenseitige Liebeserklärung samt hin und her schwingender Leiter und helfend ausgestreckter Hand in letzter Sekunde. Das Skelett fällt in sich zusammen, die Hepburn aber nicht zu Boden, sondern in Gary Grants Arme. Happy end, klassische Szene.
Cary Grant gibt den liebenswert-überforderten Helden auch in Frank Capras schwarzhumoriger Adaption von Joseph Kesselrings Theaterstück Arsenic and Old Lace, einem weltweiten Dauerbrenner bis heute. Der Kritiker Mortimer Brewster, seine frisch angetraute Frau und die beiden alten Tanten, die als wunderlich gelten, jedoch im wahrsten Sinne des Wortes Leichen im Keller haben, dazu Mortimers persönlichkeitsgestörter Bruder Teddy, der sich für den Präsidenten Roosevelt hält – ein Personal, das für sich bereits bestens unterhält. Dazu kommt das Schwarze Schaf der Familie, der Serienmörder Jonathan, samt dem Arzt, bei dem es sich um keinen talentierten Chirurgen handelt und der folgendermaßen für sein Frankensteinsmonster-artiges Aussehen veranwortlich ist. Das herrliche Chaos gipfelt in der Szene, in der Jonathan und sein Kompagnon Mortimer überwältigen. Letzterer macht sich – ahnungslos, wie er ist – über die Einfältigkeit von Charakteren im Theater lustig. Er erzählt von einem Kriminalstück, in dem der Held von der Anwesenheit eines Mörders im Haus wisse und dennoch nicht die Flucht ergreife: Er sei einfach zu dumm, um Angst zu haben, mockiert sich Mortimer. Dass Jonathan sich in seinem Rücken an ihn anpirscht und, genau wie in dem von Mortimer verrissenen Stück, hinter ihm Vorhangschnüre abschneidet, entgeht ihm. Mortimer lacht sich noch krumm ob der Beschränktheit des Charakters im Krimi – da schlingt Jonathan auch schon die Kordeln um ihn, fesselt und knebelt ihn. Und dazu die aufgerissenen Froschaugen von Peter Lorre in der Rolle des Arztes – einmalig!
Was auch auf Mel Brooks und Sein oder Nichtsein zutrifft, der Neuverfilmung des gleichnamigen Lubitsch-Klassikers aus 1942. Wenn er zu Beginn des Streifens zusammen mit der silbergewandeten Anne Bancroft „Sweet Georgia Brown“ auf Polnisch singt, ist das nur noch durch einen der schwarzhumorigsten Oneliner der Filmgeschichte zu toppen. Dieser findet in der Folge der Okkupation von Polen durch die Nazis zu Beginn des Zweiten Weltkriegs und nach der umständlichen Flucht der kleinen Schauspielertruppe des Bronski-Theaters, der die beiden angehören, nach England statt. Es sind ein rauer Flug und eine harte Landung, dann der Schnitt in einen typischen Pub samt dazugehörigem Bier und Gesang. Und dann steht Mel Brooks in seiner für die Flucht benötigten Nazi-Uniform und mit Hitlerbart in der Tür und fragt mit Unschuldsmiene: „Excuse me. Is this Enland?“
Make them laugh – es ist geglückt.