Fluch der Karibik (Pirates of the Carribean: The Curse of the Black Pearl, USA 2003)
Der Herr der Ringe: Die zwei Türme (Lord of the Rings: The Two Towers, USA/Neuseeland 2002)
Ocean's 11 (USA 2001)
Es ist allenthalben nachzulesen, dass es der Jazzsaxofonist Lester Young gewesen sein soll, der das Wort „cool“ als Erster im Sinne der Definition seines Seelenzustandes verwendet habe. Haltung zu bewahren, trotz all des Wahnsinns um ihn herum, das habe er gemeint, wenn er sich selbst auf diese Weise beschrieb. Und dazu die Sonnenbrille bei Auftritten in finsteren Lokalen. Während Youngs musikalische Interpretationen den Übergang vom Swing zum Bepop markierten, ging die Stilrichtung des Cool Jazz einen Schritt weiter. Mit ihrem introvertierten Spiel ließ sie den atmosphärischen Hintergrund entstehen, der als Gegenbewegung zum allzu hektischen Bepop gilt. „Standing on a street corner waiting for no one is power“ – ein schönes Bild, mit dem der Beat-Poet Gregory Corso einst Coolness auf den Punkt brachte: die Ruhe im Trubel der Zeit, der Schritt zurück von der Realität und der gewisse Abstand dazu, die Fähigkeit, „keine Emotion in Situationen zu zeigen, in denen Aufregung und Sentimentalität erlaubt wären“, wie es der Kulturwissenschaftler Joel Dinerstein über die Umschreibung beim Volk der Gola in Liberia zu berichten weiß.
Bei der Definition von Coolness im jüngeren Kino kommt mir natürlich sofort Johnny Depp in den Sinn, wie er im ersten und mit Abstand besten Teil der Fluch der Karibik-Reihe als Captain Jack Sparrow vom sinkenden Schiff aus an Land geht. Zuerst schöpft er noch Wasser, dann passiert er eine Galerie von gehenkten Piraten. Der Gruß, das Salutieren, da ist vom Boot nicht mehr viel zu sehen, das erkennen wir am verblüfften Gesichtsausdruck der Leute am Kai. Und dann dieses herrliche Bild von Jack, der längst auf den Masttopp übersiedelt ist. Nur noch dieser Mast samt dem stoischen Piratenkapitän darauf schaut aus dem Wasser heraus, wenngleich das Boot wie von Geisterhand getrieben auf den rettenden Kai zusteuert. Keine Miene verzieht der Kapitän, perfekt getimt setzt er den Stiefel auf die Holzplanken und geht an Land, als wäre dies das Selbstverständlichste der Welt. Eine kleine, feine Szene, eine Miniatur in all dem Bombast des Piratenspektakels rundum.
Was auch in einem völlig anderen Ambiente funktioniert. Szenenwechsel direkt ins Kriegsgeschrei der Schlacht um Helms Klamm im zweiten Teil der Herr der Ringe-Trilogie. Inmitten der Düsternis, dem Getöse und dem Gemetzel des Kampfes setzt Regisseur Peter Jackson ein Kleinod, das uns ein Grinsen aufs Gesicht zaubert. Legolas, der fesche Elb, schwingt sich auf seinen Schild und surft auf demselben eine steinerne Treppe hinab, wobei er einen Pfeil nach dem anderen aus seinem Köcher zieht und abschießt. Orlando Bloom erledigt diese Aufgabe mit großer Eleganz und jenem Touch an Selbstironie, den auch Johnny Depp in all einen Piratenmanierismen immer wieder aufblitzen lässt. So populär wurde die Schildsurfszene, dass ihr Peter Jackson mit Legolas‘ Gleitpartie auf dem Rüssel eines Olifanten im dritten Teil der Reihe eine liebevolle Referenz erwies.
Und dann gibt es da noch Danny Ocean und seine Spießgesellen vor den Brunnenfontänen des Bellagio in Las Vegas.
Schier undurchführbar schien der Coup, den es ihnen schließlich doch in die Tat umzusetzen gelang: einen Tresor tief unter den Fundamenten des Casinohotels auszurauben. Welche Schwierigkeiten es
dabei zu bewältigen gab, auf den ersten Blick unlösbare Hindernisse, die dann doch dieses „Rat Pack“, allesamt Typen der Marke eines George Clooney, Brad Pitt und Matt Damon in ihren stylishen
Klamotten, zu beseitigen schafften. Und nun, nachdem das Husarenstück geglückt ist, eben diese charmante, aus dem Rest des Films wie herausgelöst wirkende Szene. Untermalt von Debussys
Klavierstück „Claire de Lune“ und sonst ganz stumm, stehen sie als Scherenschnittfiguren noch einmal beisammen am Geländer vor den Brunnen und genießen auf ihre ganz eigene Weise den Moment. In
gewaltigen, weiß beleuchteten Fontänen spritzt das Wasser in die Höhe, dahinter der Komplex des Casinohotels, und in den Gesichtern der Kumpane, an denen die Kamera langsam entlangfährt, spiegeln
sich Stolz und Erleichterung und stille Freude. Brad Pitt wirft anerkennende Blicke nach links und rechts, dann ziehen sie, einer nach dem anderen, allmählich von Dannen. Keine Hast gibt es hier,
keine Eile, das ist alles vorbei; nicht im Lauten und in weiten Gesten liegt die wahre Coolness, sondern in der Ruhe eines Moments, in dem sich das Leben zu verdichten scheint. Ob als
Piratenkapitän, als Elbensurfer oder eben als Einbrecherkönig, und in solchen Eventfilmen wie diesen.