Der Name der Rose (Il nome della rosa, Deutschland, Italien, Frankreich 1986)
Robin und Marian (Robin and Marian, USA 1976)
The Untouchables - Die Unbestechlichen (The Untouchables, USA 1987)
Robin Hood ist alt geworden, und als er von den Kreuzzügen nach England zurückkommt, muss er erkennen, dass er keine Kraft mehr hat zu kämpfen. Dennoch lässt er sich ein letztes Mal auf ein Duell mit dem Sheriff von Nottingham ein, seinem alten Rivalen. Da prallen zwei Männer aufeinander, die mit dem Mut der Verzweiflung versuchen, den Lauf der Geschichte aufzuhalten. In einem traurig-grotesken Zeitlupentheater der hilflos-heroischen Gebärden werden die Streiche ihrer Schwerter immer langsamer, immer schwerer erscheinen ihnen die Waffen, kaum kommen sie mehr auf die Beine: Völlig erschöpft stehen sie einander in Richard Lesters Robin und Marian schließlich gegenüber, müssen sie sich geschlagen geben gegen die Zeit, die auch sie nicht zurückdrehen können.
„Wir hatten noch Gesichter damals", sagt Gloria Swanson in Billy Wilders Sunset Boulevard (1950) und meint damit jene unbedingte Leinwandpräsenz, wie sie die wahren Könige des Kinos auszeichnet. Sean Connery, der 2020 im hohen Alter von 90 Jahren starb, war der letzte dieser alten Könige. Abgesehen von seiner Paraderolle als James Bond, entwarf er seine Filmfiguren als grandios verrückte Kerle in wunderbarer Ausgewogenheit zwischen prallem Leben und melancholischer Einsicht in die eigenen Grenzen. Der unbedingte Mut zur Überlebensgröße zeichnet sie in ihrer tragischen Gebrochenheit aus. Keine Furcht umklammert ihre Seele, wenn sie mit ihrer Alles-oder-Nichts-Pose inmitten der heftigsten emotionalen Brandungsstürme stehen, und sie sind nicht bereit, von ihren Überzeugungen abzurücken, koste es, was es wolle: und wenn es den eigenen Untergang bedeutet. Da ist El Raisuli, der Berberhäuptling und kolossale Despot, der sosehr von sich selbst als gewaltigem Archetyp fasziniert ist, dass er eine Amerikanerin und deren Kinder entführt und tatsächlich glaubt, auf diese Weise Präsident Roosevelt erpressen zu können (Der Wind und der Löwe von John Milius, 1975), da ist jener abgemusterte Sergeant der britischen Armee, der im kolonialen Indien des 19. Jahrhunderts für kurze Zeit zum Herrn über ein eigenes Königreich aufsteigt (Der Mann, der König sein wollte von John Huston, 1975), und da ist auch der Weltraummarshall, der in einer Bergwerkskolonie auf dem Jupitermond Io ganz auf sich allein gestellt ist und sich dennoch skrupellosen Drogendealern entgegenstellt (Outland von Peter Hyams, 1981).
In Brian de Palmas The Untouchables gibt Connery den irischen Cop Malone, der im Chicago der 1930er-Jahre gemeinsam mit bärbeißigem Charme und FBI-Mann Eliot Ness (Kevin Costner) Jagd auf den Mafiaboss Al Capone (Robert de Niro) macht und seinen Einsatz mit nichts weniger als dem Leben bezahlt. Im Tode noch gelingt es ihm aber, eine Spur zu seinen Mördern zu legen. In der Oper singt der Bajazzo und Al Capone weint dazu, unterdessen schleppt sich Capone, lebensgefährlich verwundet, unter großen Schmerzen und Auferbietung seiner letzten Kräfte, durch seine Wohnung, um dem FBI-Team einen Hinweis auf den Buchhalter des Mafiabosses und eine bestimmte Zugverbindung zu hinterlassen. Abgesehen von der darauffolgenden, ebenfalls berühmten Szene im Bahnhof, in der während eines Feuergefechts ein Kinderwagen die Treppe hinunterrollt (ein Zitat von Sergei Eisensteins legendärem Vorbild Panzerkreuzer Potemkin, 1925) und Ennio Morricones eindringlichem Score, bleibt in The Untouchables Connerys ungemein physische Präsenz in Erinnerung und wurde auch mit einem Oscar für die beste männliche Nebenrolle prämiert.
Am Ende von Robin und Marian gibt es eine weitere wunderbare Szene, in der Lady Marian, gespielt von Audrey Hepburn, ihrem Geliebten, also Robin Hood, den Giftbecher reicht und dann auch selbst daraus trinkt. In einer letzten Geste des Aufbegehrens versucht sich Robin gegen den Tod zu stellen – und gibt sich ihm dann doch geschlagen. In „Desolation Row“, einem seiner berühmtesten Lieder, singt Bob Dylan von „Einstein, disguised as Robin Hood, with his memories in a trunk.“ In Lesters filmischer Ballade vom Abschiednehmen sind sich die beiden titelgebenden Figuren ihrer glorreichen Vergangenheit und des eigenen Mythos bewusst. Doch sie haben die Erinnerungen in der Truhe abgelegt, die ihr Leben ausmacht, und nun akzeptieren sie ohne Hader, dass ihre Zeit abgelaufen ist, und sie schließen den Deckel darüber.
Shakespeare hat für die tragische Gebrochenheit seiner Figuren eine Art von Katharsis vorgesehen, einen steinigen Weg zur inneren Reife. In dem schrecklichen Konflikt zwischen den Hinwendung auf das Schicksal oder dem Akzeptieren des freien Willens ringen sie sich dazu durch, Verantwortung zu übernehmen. Eine der schönsten in der Reihe von Sean Connerys großen Rollen ist die des Mönchs William von Baskerville in Jean-Jacques Annauds Eco-Adaption Der Name der Rose. Willliam besitze, so formuliert es der Abt des Klosters, das den faszinierenden Schauplatz der Geschichte darstellt, „knowledge both to the human spirit and the wiles of the spirit.“
Der menschliche Geist und seine Tücke – William, der Sherlock Holmes in der Mönchskutte, vertraut denn auch tatsächlich auf seinen Verstand und auf die Vernunft, wo der Aberglaube und der religiöse Fanatismus des Mittelalters die Schrecken der Inquisition gebären. Auf ihm lastet jedoch eine Schuld aus der Vergangenheit, und er offenbart sie seinem Schüler Adson (Christian Slater) bei einem Gerspräch in ihrer kargen Zelle, während draußen vor dem Fenster der Regen rauscht. Einst sei William selbst für die Inquisition tätig gewesen, aber in seinem Versuch, Verständnis für Dinge aufzubringen, die einfach neu und anderes und allein aus diesem Grund verboten waren, sei er in die Fänge eines grausamen Inquisitors geraten. Er sei der Häresie angeklagt und im Gefängnis gefoltert worden und habe sich daraufhin geschlagen gegeben. “You said nothing“, wirft ihm Adson seine Feigheit vor. “I said nothing, because there was nothing to be said“, erwidert William.
Und doch nagt die Erkenntnis, damals falsch gehandelt zu haben, an William, und als er erneut zur Konfrontation mit dem Inquisitor kommt, beschließt er, der Behauptung von Hexerei und anderem Humbug entgegenzutreten und die Morde im Kloster auf eigene Faust zu klären. In der Entscheidung für die Wahrheit und für die Treue zu seinen persönlichen moralischen Prinzipien, riskiert William Kopf und Kragen, findet schließlich aber auch zu einer Art heiteren Gelassenheit, zur humorvollen Distanz zur Welt. So wird er zu einem neuen Prospero, um den herum der Sturm der Zeiten braust und der die Dämonen doch zu zähmen weiß; und in seinen Augen sehen wir, dass er dabei im Herzen Ruhe und Frieden gefunden hat.