Paul Senftenberg setzt sich in „Der Stammbaum“ mit einem selten behandelten, aber immer noch nicht seltenen Thema auseinander.
Paul mag seine Frau sehr, fühlt sich bei ihr wohl, liebt seine Kinder, aber … Erst in seinen Dreißigern sind ihm seine Gefühle für Männer bewusst geworden, hat er
sie sich eingestanden. Vor zwei Jahren hat er Stefan kennengelernt, mit dem er sich alle 14 Tage heimlich in Wien trifft. Nun verändert der plötzliche
Unfalltod von Pauls Frau alles …
Man spürt die unausgesprochene Liebe der beiden Männer zueinander, die schnell, wohl von beiden ungewollt, über die angedachte
Sexbeziehung und ein freundschaftliches Verhältnis hinausgegangen ist. Ihre Beziehung, die mehr ist als für Beide praktisch, hat jedoch eine fragile Stabilität, die nicht mehr trägt, als sie ihr
Gleichgewicht verliert. Zutiefst authentisch zeigt der Autor einen Mann, den der plötzliche Tod seiner Frau und die Trauer aus der Bahn wirft. Ebenso wie ihn
plötzlich die Hoffnung auf ein Leben überfällt, dessen Seite an sich er unterdrückt hat. Der titelgebende Stammbaum wird hier zum Schlüsselmoment und Symbol. Eine unheimlich verdichtete und intensive Geschichte, konzentriert und geschliffen im Stil.
Paul Senftenberg belebt ein Literaturgenre neu – die Novelle. Heute wird schnell eine längere Erzählung oder ein Kurzroman als solche bezeichnet. Doch eine Novelle ist mehr als das, wird nicht nur durch den (geringen) Umfang gekennzeichnet. Das ist in Vergessenheit geraten, doch der Autor setzt die Merkmale einer Novelle in Könnerschaft um. Ein Dank an den Autor und an den Verlag, der diese berührende Perle ans Licht geholt hat.
(Jana Walther, 31. 8. 2014)
Wer bin ich? Was will ich? Wird das so sein?
Als Paul auf Stefan trifft, wird beiden schnell bewußt, daß sie in ihrem Gegenüber einen bedingungslosen Freund gefunden haben. Stecken sie doch in
gleichen Verhältnissen. Der erfahrenere Stefan weiß die Fragen, mit denen sich Paul konfrontiert sieht, bereits zu beantworten. Paul steckt noch im Findungsprozeß. Bis eines Tages ein
Ereignis in Pauls Leben tritt, daß die bisherigen Bekenntnisse durcheinanderwirbelt … damit beginnt die Novelle "Der Stammbaum" von Paul Senftenberg.
Im weiteren Verlauf der Geschichte werden viele Situationen und emotionale Reaktionen der Charaktere in ihnen dargestellt. Zum Schluß beflügelt das Gefühl der Freiheit und überstrahlt das Verständnis. Das gipfelt im Entledigungsversuch des eindeutigen Hindernisses zum gewinnenden Glück.
Paul Senftenberg zeigt anhand der alltäglichen Handlungen der Menschen, wie gewöhnlich doch die Empfindungen und Emotionen sind, sich verwirren, und verkomplizieren können. Die verschiedenen Emotionen werden gut porträtiert. Jedoch nicht immer ausformuliert.
Die Erzählweise in der Novelle wechselt zwischen Gegenwart und Vergangenheit, die als in die Handlung eingeschobenen klaren und verständlichen Rückblenden integriert werden. Sie komplettieren Pauls Geschichte.
Geheimnisse, bedingungslose Liebe, Vertrauen, Loyalität, Verlust, doppelmoralischer Regelbruch, Neuorientierung sind Themen, die Paul Senftenberg in "Der Stammbaum" auf deren abstrakte Kontrahenten sowie uns Leser losläßt.
(shlomo-ben-yossi bei lovelybooks.de, 11/2014)
„Der Stammbaum“ beweist einmal mehr, wie wandlungsfähig Paul Senftenberg ist und dass er seine Leser mit ungewöhnlichen Themen und stets aufs Neue überraschen und zum Nachdenken anregen kann (...) Eine gelungene Novelle, die mit einer interessanten Geschichte, authentischen Charakteren und einer sehr dichten sprachlichen Umsetzung punkten kann."
(Juliane Seidel auf like-a-dream.de, 11. 1. 2016)
Paul und Stefan lernen sich in einem Chatroom für Schwule kennen
und verlieben sich beim ersten Treffen. Beide sind verheiratet und wollen es auch bleiben. Ihre Liebestreffen alle 2 Wochen sind für beide die Erfüllung, die sie zu Hause nicht finden.
2 schöne Jahre sind sie glücklich, bis Pauls Frau bei einem Unfall stirbt. Dieses Ereignis wirft Paul völlig aus der Bahn. Er und
seine Kinder versuchen sich durch Arbeit abzulenken und finden im Keller einen alten Stammbaum aus Messing. Pauls Idee, was er mit dem Stammbaum anfangen könnte, hat für seine Liebe zu Stefan ungeahnte Folgen.
Als ich das Buch in Händen
hielt, wollte ich nur mal kurz reinschnuppern – und konnte nicht mehr aufhören, bis ich es ganz gelesen hatte. Die Geschichte von Paul und Stefan hat mich gleich in ihren Bann gezogen. Die
familiären Situationen von beiden sind nicht so, wie man es sich bei einer intakten Familie vorstellt. Doch trotz ihrer Liebe zueinander halten Sie jeweils an der Ehe fest. Die Beschreibung der
seelischen Qual, die Paul nach dem Tod seiner Frau Edith durchmacht, hat mich tief berührt. Doch sie bewirkt auch eine radikale Veränderung in seinem Denken in Bezug auf die Beziehung zu Stefan,
so dass die Geschichte eine ungeahnte Wendung nimmt.
Obgleich einige meiner Fragen unbeantwortet geblieben sind, was wahrscheinlich in der Absicht
des Autors lag, hat mich die Liebesgeschichte von Stefan und Paul sehr fasziniert und berührt und ich kann sie nur empfehlen. Als Bewertung erhält sie von mir 4 von 5 Sternen.
(jutscha bei amazon.de, 11. 10. 2014)
Auch dieses neue Buch des österreichischen Schriftstellers hat mir wieder sehr gefallen. Anders als in "Eine ganz andere Liebe" und in "Narben" geht es hier nicht um Jugendliche und ihren Problemen und die Liebe zum eigenen Geschlecht, sondern um zwei erwachsene und verheiratete Männer die eine sexuelle Beziehung miteinander beginnen. Diese sehr kurzweilige Geschichte hat mich zum Nachdenken angeregt. Wieder eine klare Kaufempfehlung von mir.
(Leseratte bei amazon.de, 25. 8. 2014)
Zwischen Wunschtraum und Wirklichkeit - Die beiden verheirateten Familienväter Paul und Stefan leben ihre Homosexualität gemeinsam im Verborgenen aus, denn beiden ist die Familie wichtig, stehen die Kinder für sie an erster Stelle. Während Pauls Ehefrau Edith von nichts weiß hat Stefan seine Frau Gudrun ins Vertrauen gezogen - diese hat sich mit seinem "Zweitleben" arrangiert. Im zweiwöchigen Turnus treffen sich die beiden Männer in einer kleinen Wohnung und leben ihre Sexualität aus, wachsen zusammen und fühlen sich miteinander und diesem Arrangement ausgesprochen wohl.
Als Pauls Frau Edith durch einen tragischen Unfall verstirbt, gerät das Verhältnis aus dem Gleichgewicht; Paul begehrt mehr, als Stefan ihm zugestehen will und kann. Für Paul wird der Wunsch, Stefan ganz für sich zu haben zur Obsession mit weitreichenden Folgen ... Paul Senftenberg lässt den Leser tiefe Blicke in Pauls Seelenleben tun, sein Festhalten an der Familie, sein unbändiger, verzweifelter Wunsch zu Stefan zu gehören. Auch Stefans Sicht wird beleuchtet, seine Motivation mit Paul zusammen zu sein aber auch sein Bedürfnis, die Fassade zu wahren, sein Leben nicht verändern zu lassen und schließlich kommt auch Gudrun zu Wort, die sich unvermittelt in einer Situation wiederfindet, die auch ihr die "Scheuklappen" nicht mehr gestattet …
Eine intensive, mit Rückblenden angereicherte Momentaufnahme – lesenswert.
(jamamashid bei amazon.de, 13. 9. 2015)